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Ort: Ochsenhausen Art: Klosterbibliothek (Benediktiner) Baustil: Klassizismus Architekt: Thomas Schaidthauf Fertiggestellt/Eröffnet: 1787 Person: Klemens Wenzel Lothar von Metternich Verlag: Staatliche Bildstelle / Deutscher Kunstverlag Signatur: 7 Datierung (Karte): um 1930 |
Das Benediktinerkloster Ochsenhausen bei Biberach an der Riß zählte zu den bedeutendsten Klöstern in Oberschwaben. Es wurde gegen Ende des 11. Jahrhunderts gegründet, war seit 1495 freie Reichsabtei und bestand bis zu seiner Auflösung im Jahr 1803. Eine Blütezeit erlebte das Kloster unter seinen beiden letzten Äbten Benedikt Denzel (1737-1767) und Romuald Weltin (1767-1803). Sie förderten die Wissenschaften und beuftragten den Umbau der Klostergebäude im Stil des Barock bzw. Klassizismus. Benedikt Denzel setzte sich für den Bestandsaufbau der Klosterbibliotherk ein und begründete eine Sammlung mit physikalischen Apparaten, das sog. Armarium. Unter Romuald Weltin wurde eine Sternwarte eingerichtet, auch er sorgte für zahlreiche Neuerwerbungen, darunter die 9.000 Bände umfassende Bibliothek des Fürstbischofs Sigmund Christoph von Zeil und Trauchburg. In den Jahren 1785 bis 1789 ließ er im Obergeschoss des Nordflügels den klassizistischen Bibliothekssaal einrichten und verpflichtete dafür Thomas Schaidthauf, einen Stuckateur und Bildhauer aus der Wessobrunner Schule. Johann Joseph Anton Huber schuf das Deckengemälde, das den Ordensgründer Benedikt von Nursia sowie Maria als „Sitz der Weisheit“ darstellt. Der zweigeschossige Saal mit umlaufender Empore bot Platz für rund 70.000 Bücher, er zählt zu den spätesten Bibliotheken oberschwäbischer Barockklöster.
1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Der Diplomat und Politiker Franz Georg von Metternich erhielt es als Entschädigung für den Verlust seiner Besitzungen auf dem linken Rheinufer. Nach dem Tod von Franz Georg im Jahr 1818 wurde sein Sohn Klemens Wenzel Lothar von Metternich Inhaber der mediatisierten Herrschaft Ochsenhausen. Dieser verkaufte den Ochsenhausener Besitz 1825 an das Königreich Württemberg. Zuvor ließ er die Bibliothek nach Wien überführen und schießlich 1835 in sein Schloss Königswart (Kynžvart) in Böhmen bringen, das er zu seinem Sommersitz im Empire-Stil hatte umbauen lassen. Die Metternich’sche Familienbibliothek war bereits 1799 bei der französischen Eroberung der Festung Ehrenbreitstein teilweise zerstört und zerstreut worden. Die Bibliothek in Kynžvart ist heute eine der größten Adelsbibliotheken Tschechiens.
Die früheren Klostergebäude wurden im 19. Jahrhundert zunächst als Ackerbauschule, dann ab 1868 als Waisenhaus genutzt. Die Ansichtskarte zeigt den Bibliothekssaal während jener Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog eine Lehrerinnen-Oberschule und ein Gymnasium in die Gebäude. Das Land Baden-Württemberg sanierte die Klosteranlage in den Jahren 1964 bis 1992. Heute beherbergt sie die Landesakademie für die musizierende Jugend in Baden-Württemberg. Der Bibliotheksaal wird als Konzertsaal genutzt und kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Auf der Galerie sind wieder einige Bücher aus dem 18. Jahrhundert aufgestellt.
Link: Ehemalige Benediktiner-Reichsabtei und Kirche St. Georg, Ochsenhausen
Link: Klaus Graf: Ochsenhausener Handschriften im Katalog des Antiquars Wilhelm Birett 1833 und im Besitz von Baldassare Boncompagni (1821-1895)