Ort: Belgrad (Serbien) Art: Hochschulbibliothek Baustil: Klassizismus Architekt: Nikola Djordjevic und Dragutin Nestorovic Fertiggestellt/Eröffnet: 1926 Person: Slavko Grujić Verlag: Librairie Francaise H. Soubre Signatur: 62 Datierung (Karte): 1920er Jahre |
Im Juni und Juli 1921 fanden in Löwen (Belgien), Reims (Frankreich) und Belgrad (Jugoslawien) drei sehr ähnliche Zeremonien statt: es wurden die Grundsteine für Bibliotheken gelegt, die vom amerikanischen Carnegie Endowment for International Peace finanziert wurden. Alle drei Städte waren im Ersten Weltkrieg stark zerstört worden und hatten eine gewisse symbolische Bedeutung: Die Universität von Löwen war eine der ältesten Universitäten Europas, in der Kathedrale von Reims waren jahrhundertelang die französischen Könige gekrönt worden, und Belgrad, Hauptstadt des 1918 gegründeten Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (Königreich Jugoslawien) stand für den Neubeginn auf dem Balkan. Das Carnegie Endowment for International Peace (CEIP), ein Think-Tank zur Förderung internationaler Friedensarbeit, war 1910 von Andrew Carnegie gegründet und mit 10 Millionen Dollar ausgestattet worden. Dass das CEIP den Bau der Universitätsbibliothek Belgrad finanzierte, war dem Engagement des serbischen Diplomaten und Philanthropen Slavko Grujić (Grouitch) zu verdanken. Grujić war der erste Botschafter Jugoslawiens in den Vereinigten Staaten. Seine Frau Mabel stammte aus West Virginia und hatte sich während des Ersten Weltkriegs in Serbien auf sozialem Gebiet engagiert. Sie konnten das CEIP dazu bewegen, die Summe von 100.000 Dollar für den Bau zu stiften. Die Stadt Belgrad stellte den Baugrund am König-Alexander-Boulevard (Bulevar Kralja Aleksandra) zur Verfügung. Die Architekten waren Nikola Nestorović und Dragutin Djordjević, die in Frankreich und Deutschland studiert hatten und schon vorher bei zahlreichen öffentlichen Bauten in Belgrad zusammengearbeitet hatten. Ihr Entwurf folgte weitgehend dem typischen Muster von Carnegie-Bibliotheken.
Am 23. Juni 1921 legte Kronprinz Alexander den Grundstein für das Gebäude. Die Zeremonie erregte große öffentliche und mediale Aufmerksamkeit, so machte die New Yorker Fox Film Company Filmaufnahmen, und in der New York Times erschien einige Wochen später ein ausführlicher Artikel darüber. Die Fertigstellung des Gebäudes war eigentlich für 1923 geplant, verzögerte sich jedoch aus finanziellen Gründen, so dass es erst am 24. Mai 1926, dem Gedenktag der Slawenapostel Kyrill und Method, offiziell eröffnet wurde. Im Foyer wurde eine Büste von Andrew Carnegie aufgestellt, die der walisische Bildhauer Goscombe John geschaffen hatte. Zwei identische Büsten befinden sich in den Bibliotheken in Löwen und Reims.
Das Gebäude der Universitätsbibliothek wird vom Hauptgebäude der Universität und von der Technischen Fakultät flankiert. Seit 1946 ist die Bibliothek nach dem serbischen Politiker und Publizisten Svetozar Marković (1846-1875) benannt.