Gent: Universitätsbibliothek

Gent: Boekentoren (Henry van de Velde) Gent Boekentoren r
Ort: Gent (Gand)
Art: Hochschulbibliothek
Baustil: Modernismus
Architekt: Henry van de Velde (1863-1957)
Fertiggestellt/Eröffnet: 1942
Herausgeber: John Prévot, Antwerpen
Datierung (Karte): ca. 1940er Jahre

Zu den berühmten „Drei Türmen“, die seit dem Mittelalter die Stadtsilhouette von Gent zieren – dem Belfried, dem Turm der St.-Bavo-Kathedrale und dem Turm der Sint-Niklaaskerk – kam in den 1930er Jahren ein vierter als „Leuchtturm der Wissenschaft“ hinzu: der Bücherturm (Boekentoren) der Universitätsbibliothek, gelegen auf dem Blandijnberg, dem höchsten Punkt der Stadt. Der flämisch-belgische Architekt und Designer Henry van de Velde, der von 1926 bis 1936 Architektur und Angewandte Kunst an der Universität Gent lehrte, hatte 1933 den Auftrag dafür erhalten. Die Pläne waren 1935 fertiggestellt, in den Jahren 1936-1939 entstand der Rohbau und ein Teil der Ausbauarbeiten. Die Eröffnung erfolgte 1942, die letzten Bauarbeiten zogen sich jedoch noch bis in die 1950er Jahre hin. Van de Velde schuf einen monumentalen Betonbau von 64 m Höhe, der ein wenig an den Aussichtsturm von Albin Müller in Magdeburg aus dem Jahr 1927 (Albinmüller-Turm) erinnert. Der Boekentoren weist einen Grundriss in Form eines griechischen Kreuzes auf und wird oben von einem Belvedere mit vier Terrassen gekrönt. Van de Velde entwarf auch die Innenausstattung und das Mobiliar, das jedoch wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs nur teilweise realisiert wurde. Die Universitätsbibliothek Gent enthält heute an die 3 Millionen Bände. Der Bücherturm wurde in den Jahren 2012 bis 2021 von einem Team um die Architekten Robbrecht & Daem restauriert.

Link: Boekentoren

Abtei Ottobeuren: Klosterbibliothek

Kloster Ottobeuren: Bibliothekssaal (1718)
Kloster Ottobeuren Bibliothek r Ort: Ottobeuren
Art: Klosterbibliothek
Baustil: Barock
Architekt: Johann Baptist Zimmermann
Fertiggestellt/Eröffnet: 1715-18
Fotograf: Georg Braun (1869-1962)
Datierung (Karte): um 1930

Die Benediktinerabtei im oberschwäbischen Ottobeuren geht auf eine Gründung aus karolingischer Zeit zurück. Kaiser Otto I. erhob sie im Jahr 972 zur Reichsabtei. Nach einer Zeit des Niedergangs während des Dreißigjährigen Krieges erlebte das Kloster unter Abt Rupert II. Neß (1670-1740) eine Blütezeit. Ab 1711 entstand eine mächtige barocke Klosteranlage, die auch als „Schwäbischer Escorial“ bezeichnet wird. Der lichte Bibliothekssaal mit seiner von 44 Säulen aus Stuckmarmor getragenen Galerie enthält 15.000 in weißes Schweinsleder gebundenen Bücher. Die Stuckaturen stammen von Johann Baptist Zimmermann, die Deckenbilder von Elias Zobel. Sie zeigen eine Allegorie der Ankunft des heiligen Benedikt auf dem Monte Cassino und die Zerstörung des Götzenbildes Apollos. Vom Stolz des Abtes Rupert zeugt eine Inschrift aus dem Jahr 1718 an der Schmalseite des Saals: „Hoc Musis Palatium, Religioni Munimentum, Sui Monumentum Posuit R.A.M.O. MDCCXVIII.“ (Abt Rupert hat diesen Saal den Musen zu einem Sitz, der Religion zu einem Bollwerk und sich selbst zu einem Denkmal geweiht). 1725 wurde in der Mitte des Bibliothekssaals eine Statue der Pallas Athene (Minerva) des Füssener Bildhauers Anton Sturm aufgestellt.

Link: Die Klosterbibliothek in Ottobeuren (Fotos von Frank Burchert)

Château de Cagny

Château de Cagny: Bibliothek

Chateau de Cagny Bibliotheque r

Ort: Cagny (Calvados)
Art: Privatbibliothek
Baustil: Neogotik (?)
Fertiggestellt/Eröffnet: 16. / 19. Jahrhundert?
Person: Jacques Ménages, Herr zu Cagny
Verlag: Editeur Vve E. Deschamps (vmtl.)
Gelaufen: 1913

Bis zu seiner Zerstörung im Jahr 1944 befand sich in Cagny, einer Ortschaft in der Nähe von Caen, ein Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Jacques Ménage (1509-1556), ein Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Caen und Rat im Parlement der Normandie in Rouen, hatte die Herrschaft Cagny im Jahr 1538 für die Summe von 6000 Pfund erworben. In den Jahren 1543 bis 1549 hielt er sich als Botschafter des französischen Königs Franz I. in Schottland, am Hofe von Kaiser Karl V. und in der Schweiz auf. Guillaume Mesnage ließ Ende des 16. Jahrhunderts einen neuen Flügel an einen bestehenden Bau aus dem 12. Jahrhundert anbauen. Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich das Schloss noch immer in Familienbesitz: 1850 lebte dort Pauline Rioult de Bois-Rioult, die Witwe von Louis Mesnage de Cagny, eines hochrangigen Offiziers, der von 1815 bis 1824 auch Bürgermeister von Cagny gewesen war. Louis Mesnage und Pauline Boisrioult hatten zwei Kinder: eine Tochter Pauline, die 1838 Casimir Edouard Costé de Triquerville heiratete, sowie einen Sohn Louis, der nach Édouard de Rigon de Magny (Nobiliaire de Normandie, Band 2) im Jahr 1863 noch unverheiratet auf Schloss Cagny lebte. Zur Zeit, als die Ansichtskarte verschickt wurde, war das Schloss im Besitz von André Pierre Costé de Triquerville (1846-1915), dem Sohn von Pauline und Casimir Edouard. Er baute einen weiteren Flügel an und führte in Cagny die Zucht von Rennpferden ein. Das Schloss wurde um diese Zeit auch Château de Triquerville genannt. Der Absender der Karte ist Fernand de Bouillé, dabei handelt es sich möglicherweise um Fernand de Bouillé (1896-1973), den Enkel von André Pierre Costé de Triquerville.

Das Château de Cagny wurde 1944 durch einen Luftangriff der Alliierten im Rahmen der Operation Goodwood (Schlacht um Caen) zerstört.

Link: Arcisse Caumont: Statistique monumentale du Calvados, Band 2 (1850)

Link: Informationen über die Familie Mesnage de Cagny

Hawarden: Gladstone’s Library

Hawarden: St Deiniol s Library
Hawarden St Deiniol s Library r Ort: Hawarden (Wales)
Art: Öffentliche Bibliothek
Baustil: Viktorianisch / Neogotik
Architekt: John Douglas
Fertiggestellt/Eröffnet: 1902
Person: William Ewart Gladstone
Verlag: W. B. Jones „Post Office“ Series
Bemerkung: Prägekarte
Datierung (Karte): um 1910

Die Bibliothek wurde von dem liberalen Politiker William Ewart Gladstone (1809-1898) gegründet, dem viermaligen britischen Premierminister und „Grand Old Man“ (G.O.M.), wie sein Spitzname lautete. Auf seinem Landsitz Hawarden Castle in Flintshire widmete er sich seinen beiden Hobbies, dem Fällen von Bäumen im Park und dem Sammeln von Büchern. Um die „Bücher, die keine Leser haben“ mit den „Lesern, die keine Bücher haben“ zusammenzubringen, stiftete er im Alter von 80 Jahren die Bibliothek, die nach St. Deiniol, einem walisischen Bischof und Heiligen aus dem 6. Jahrhundert, benannt war. Zu diesem Zweck hatte Gladstone in der Nähe von Hawarden Castle ein Stück Land gekauft, auf dem ein kleines temporäres Gebäude, die sog. „Iron Library“ bzw. „Tin Tabernacle“ errichtet wurde. Hierhin beföderte er mit Hilfe seines Dieners und einer seiner Töchter über 32.000 Bücher seiner Privatbibliothek – viele davon per Schubkarre! Nach Gladstones Tod im Jahr 1898 erhielt die Bibliothek einen imposanten Neubau, der neben der eigentlichen Bibliothek auch einen Gästetrakt umfasste, in dem Studenten, Besucher und Angestellte der Bibliothek untergebracht werden konnten. 2010 wurde die „St Deiniol’s Library“ in „Gladstone’s Library“ umbennannt. Heute enthält sie mehr als 150.000 Bände und 26 Gästezimmer.

Link: Gladstone’s Library

–> siehe auch London: National Liberal Club

Salamanca: Universitätsbibliothek

Salamanca: Universitätsbibliothek
Salamanca Universitätsbibliothek r Ort: Salamanca (Spanien)
Art: Hochschulbibliothek
Baustil: Gotik / Barock
Fertiggestellt/Eröffnet: 16. Jahrhundert / 1749
Verlag: Heliotipia Artística Española
Gelaufen: 1936

Die im Jahr 1218 gegründete Universidad de Salamanca ist eine der ältesten Hochschulen Europas. Ihre Blütezeit erlebte sie im 16. Jahrhundert während einer Epoche der spanischen Geschichte, die als Goldenes Jahrhundert (Siglo de Oro) bezeichnet wird. Damals zählte die Universität zu einer der wichtigsten Bildungsstätten Europas. Die Bibliothek entstand 1254 unter dem König von Kastilien und León, Alfons X. Der ursprüngliche Bau ist nicht mehr erhalten, aber Teile des Deckengemäldes mit astrologischen Darstellungen befinden sich heute im Universitätsmuseum. Mit dem Bau eines neuen Bibliothekssaals im oberen Stock des Kreuzgangs des Hauptgebäudes (Escuelas Mayores) wurde 1509 begonnen. Im Jahr 1664 stürzte das gotische Gewölbe des Saals ein, und die Universität blieb für fast ein Jahrhundert ohne Bibliothek, bis sie Mitte des 18. Jahrhunderts mit finanzieller Unterstützung von Papst Clemens XII. wiederaufgebaut wurde. Die Sala magna misst 41 mal 11,5 Meter, die umlaufenden barocken Bücherschränke aus dem Jahr 1749 enthalten ca. 40.000 Bücher und 3500 Handschriften. Die lederbezogenen Stühle (Sillones de cordobán) stammen ursprünglich aus dem Colegio Mayor San Bartolomé. Die Sala magna diente noch bis ins Jahr 1957 als Lesesaal, heute wird sie museal genutzt.

Link: Biblioteca General Histórica

Stuttgart: Königliche Landesbibliothek

Stuttgart: Königliche Landesbibliothek
Königliche Landesbibliothek Stuttgart r Ort: Stuttgart
Art: Wissenschaftliche Universalbibliothek
Baustil: Neorenaissance
Architekt: Theodor von Landauer
Fertiggestellt/Eröffnet: 1886
Verlag: Neue Photographische Gesellschaft (NPG) / Photographicum Hillger
Signatur: 749
Datierung (Karte): um 1910

Das Photo zeigt das Gebäude der Königlichen Landesbibliothek in Stuttgart, eines der Hauptwerke des Architekten Theodor von Landauer (1816-1894). Der Prachtbau im Stil der Neorenaissance entstand in den Jahren 1878 bis 1886 und war unter anderem durch Mittel aus den französischen Kriegskontributionen aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 finanziert worden. Anregungen für den historistischen Bau soll sich Landauer bei seinem Besuch der Weltausstellung 1873 in Wien geholt haben. Der rustizierte Sockel ist vom Palazzo Pitti in Florenz inspiriert. Der reiche Fassandenschmuck stammt von Adolf von Donndorf, die Friese und die Zwickelreliefs waren jedoch so hoch angebracht, dass sie von der Straßenebene aus kaum zu sehen waren.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bibliothek weitgehend zerstört, gut eine halbe Million Bücher wurden dabei vernichtet. Nach Kriegsende wurde das Gebäude notdürftig instandgesetzt und 1970 durch einen kompletten Neubau ersetzt. Beim Abriß konnte der Verschönerungsverein Stuttgart einige unversehrte Außenreliefs und Kapitelle retten, sie wurden 1973 am Europaplatz in Stuttgart-Fasanenhof aufgestellt.

Bei der Karte handelt es sich um Nr. 749 der Serie „Photographicum. Die Welt in Photographien“, herausgegeben von Joseph Kürschner, Berlin (Hermann Hillger Verlag). Diese „Gruss- und Erinnerungsphotographien“ sollten nicht nur dem „Sammelsport“ und dem „Bedürfnis, auf der Reise sich zu äußern“ dienen, sondern auch als „illustriertes Reisetagebuch“ verwendbar sein.

Link: Abbildung der Fassade, in: Allgemeine Bauzeitung, 1888

Saint-Mihiel: Benediktinerbibliothek

Saint-Mihiel: Benediktinerbibliothek

Saint-Mihiel Bibliothek der Benediktinerabtei r

Ort: Saint-Mihiel (Frankreich)
Art: Klosterbibliothek (Benediktiner)
Baustil: Klassizismus
Fertiggestellt/Eröffnet: 1775
Verlag: Librairie Vve Maton
Gelaufen: 1900

Die Bibliothek der Benediktinerabtei von Saint-Mihiel geht auf die Zeit der Karolinger zurück. Anfangs befanden sich die Manuskripte in Nebengebäuden der Kirche. Die Zahl der Bücher nahm vor allem nach der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert stark zu. Einen weiteren bedeutenden Zuwachs stellte der Kauf der Büchersammlung von Jean-François Paul de Gondi (Kardinal de Retz) im Jahr 1679 dar. In den Jahren 1768 bis 1775 wurden im ersten Stock des alten Palais Abbatial zwei prächtige Räume mit stuckverzierter Decke eingerichtet, deren erster das Archiv enthielt. Die Bücher wurden im zweiten, 50 Meter langen Saal aufgestellt. Die Bibliothek überstand die Französische Revolution unbeschadet, da die beiden Säle als Lager für beschlagnahmte Bücher aufgelöster Klöster und privater Residenzen dienten. 1848 ging sie in städtischen Besitz über. Heute befinden sich die Bücher noch immer am ursprünglichen Ort; die Sammlung umfasst an die 9000 Werke, darunter 74 Manuskripte des 9. bis 16. Jahrhunderts sowie 86 Inkunabeln.

Die Ansichtskarte stammt aus der Zeit, als die Vorderseite nur für die Adresse benutzt werden durfte und Mitteilungen nur auf der Bildseite erlaubt waren. Die Absenderin fand hier eine kreative Lösung , indem sie die Bildseite einfach in zwei Richtungen beschrieb.

Link: Abbaye de Saint-Michel – La Bibliothèque bénédictine

Bradford: Free Library and Art Gallery

Bradford: Free Library and Art Gallery (Hold-to-light Postcartd)
Bradford Free Library and Art Gallery r Ort: Bradford (West Yorkshire)
Art: Öffentliche Bibliothek
Baustil: Viktorianische Architektur
Fertiggestellt/Eröffnet: 1887
Verlag: W. Hagelberg AG, Berlin
Signatur: 3106
Bemerkung: Mondscheinkarte
Datierung (Karte): um 1905

Die Bradford Free Library wurde im Jahr 1872 gegründet und befand sich zunächst in gemieteten Räumen in der Tyrrel Street. 1878 bezog die Bibliothek ein eigenes Gebäude in Darley Street. Neben der Präsenzbibliothek umfasste sie eine Leihbibliothek sowie getrennte Lesesäle für Männer und Frauen. Außerdem befanden sich in dem Gebäude eine Kunstgalerie und ein Museum. Als in den 1960er Jahren der Raum zu knapp wurde, bezog die Bibliothek 1967 ein neues, achtstöckiges Gebäude am Princes Way, in dem sie bis zum Jahr 2013 blieb. Heute befindet sie sich am Centenary Square (Bradford City Park).

Bei der Ansichtskarte handelt es sich um eine sog. Halt-gegen-das-Licht-Postkarte (Durchscheinkarte) des renommierten Ansichtskartenverlags Wolf Hagelberg AG aus Berlin, der auch Niederlassungen in London und New York besaß. Diese Karten bestehen aus mehreren Schichten Papier, wobei die Ansichtsseite an bestimmten Stellen ausgestanzt ist, so dass man die darunterliegende, aus hellgelbem Papier bestehende Schicht sieht. Der Effekt wird verstärkt, wenn man die Karte gegen das Licht hält. Zusammen mit dem blassblauen Farbton entsteht so der Eindruck einer nächtlichen Szene mit beleuchteten Fenstern und Mondsichel.

Link: The Postcard Album – Hold-to-light postcards

Reichsabtei Ochsenhausen

Ochsenhausen: Bibliotheksaal (1785-89)
Ochsenhausen Bibliotheksaal r Ort: Ochsenhausen
Art: Klosterbibliothek (Benediktiner)
Baustil: Klassizismus
Architekt: Thomas Schaidthauf
Fertiggestellt/Eröffnet: 1787
Person: Klemens Wenzel Lothar von Metternich
Verlag: Staatliche Bildstelle / Deutscher Kunstverlag
Signatur: 7
Datierung (Karte): um 1930

Das Benediktinerkloster Ochsenhausen bei Biberach an der Riß zählte zu den bedeutendsten Klöstern in Oberschwaben. Es wurde gegen Ende des 11. Jahrhunderts gegründet, war seit 1495 freie Reichsabtei und bestand bis zu seiner Auflösung im Jahr 1803. Eine Blütezeit erlebte das Kloster unter seinen beiden letzten Äbten Benedikt Denzel (1737-1767) und Romuald Weltin (1767-1803). Sie förderten die Wissenschaften und beuftragten den Umbau der Klostergebäude im Stil des Barock bzw. Klassizismus. Benedikt Denzel setzte sich für den Bestandsaufbau der Klosterbibliotherk ein und begründete eine Sammlung mit physikalischen Apparaten, das sog. Armarium. Unter Romuald Weltin wurde eine Sternwarte eingerichtet, auch er sorgte für zahlreiche Neuerwerbungen, darunter die 9.000 Bände umfassende Bibliothek des Fürstbischofs Sigmund Christoph von Zeil und Trauchburg. In den Jahren 1785 bis 1789 ließ er im Obergeschoss des Nordflügels den klassizistischen Bibliothekssaal einrichten und verpflichtete dafür Thomas Schaidthauf, einen Stuckateur und Bildhauer aus der Wessobrunner Schule. Johann Joseph Anton Huber schuf das Deckengemälde, das den Ordensgründer Benedikt von Nursia sowie Maria als „Sitz der Weisheit“ darstellt. Der zweigeschossige Saal mit umlaufender Empore bot Platz für rund 70.000 Bücher, er zählt zu den spätesten Bibliotheken oberschwäbischer Barockklöster.

1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Der Diplomat und Politiker Franz Georg von Metternich erhielt es als Entschädigung für den Verlust seiner Besitzungen auf dem linken Rheinufer. Nach dem Tod von Franz Georg im Jahr 1818 wurde sein Sohn Klemens Wenzel Lothar von Metternich Inhaber der mediatisierten Herrschaft Ochsenhausen. Dieser verkaufte den Ochsenhausener Besitz 1825 an das Königreich Württemberg. Zuvor ließ er die Bibliothek nach Wien überführen und schießlich 1835 in sein Schloss Königswart (Kynžvart) in Böhmen bringen, das er zu seinem Sommersitz im Empire-Stil hatte umbauen lassen. Die Metternich’sche Familienbibliothek war bereits 1799 bei der französischen Eroberung der Festung Ehrenbreitstein teilweise zerstört und zerstreut worden. Die Bibliothek in Kynžvart ist heute eine der größten Adelsbibliotheken Tschechiens.

Die früheren Klostergebäude wurden im 19. Jahrhundert zunächst als Ackerbauschule, dann ab 1868 als Waisenhaus genutzt. Die Ansichtskarte zeigt den Bibliothekssaal während jener Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog eine Lehrerinnen-Oberschule und ein Gymnasium in die Gebäude. Das Land Baden-Württemberg sanierte die Klosteranlage in den Jahren 1964 bis 1992. Heute beherbergt sie die Landesakademie für die musizierende Jugend in Baden-Württemberg. Der Bibliotheksaal wird als Konzertsaal genutzt und kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Auf der Galerie sind wieder einige Bücher aus dem 18. Jahrhundert aufgestellt.

Link: Ehemalige Benediktiner-Reichsabtei und Kirche St. Georg, Ochsenhausen
Link: Klaus Graf: Ochsenhausener Handschriften im Katalog des Antiquars Wilhelm Birett 1833 und im Besitz von Baldassare Boncompagni (1821-1895)

Pisa: Universitätsbibliothek

Pisa: Universitätsbibliothek (Lesesaal, 1911)

Pisa Universitätsbibliothek Lesesaal r

Ort: Pisa (Italien)
Art: Hochschulbibliothek
Fertiggestellt/Eröffnet: 1911
Verlag: Libreria Bemporad, Pisa
Signatur: 7345 / 33
Datierung (Karte): 1911-1920

Die im 14. Jahrhundert gegründete Universität Pisa ist eine der ältesten Universitäten Europas. Ihr Hauptsitz, der Palazzo della Sapienza, wurde Ende des 15. Jahrhunderts von dem Florentiner Herrscher Lorenzo de’ Medici (Lorenzo il Magnifico) in Auftrag gegeben, der die Universität von Florenz nach Pisa verlegen wollte. Der Palast wurde jedoch erst Mitte des 16. Jahrhunderts unter Cosimo I. de’ Medici vollendet. Seit 1823 befindet sich auch die Universitätsbibliothek im Palazzo della Sapienza. Sie war bereits 1742 in den Räumlichkeiten des Observatoriums der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Den Kern ihres Bestandes bildete der Nachlass des Juristen und Naturwissenschaftlers Giuseppe Averani (Josephus Averanus) (1662-1738), später kamen Nachlässe, Schenkungen sowie die Bestände aufgelöster Klöster hinzu.
Platzmangel und die sanitären Verhältnisse im Palazzo della Sapienza waren Ende des 19. Jahrhunderts untragbar geworden, weswegen er in den Jahren 1907 bis 1920 umfassend renoviert und umgestaltet wurde. Der Architekt Vincenzo Pilotti schuf eine neue Fassade im Stil der Renaissance sowie die Aula magna. Auch die Bibliotheksräume wurden umgestaltet. Der auf der Karte abgebildete Lesesaal wurde 1911 fertiggestellt, existierte jedoch in dieser Form nur wenige Jahre, da er beim Garfagnana-Erdbeben vom 7. September 1920 stark beschädigt und anschließend in vereinfachter Form wiederaufgebaut wurde. Nach den Erdbeben in Norditalien im Jahr 2012 wurde die Bibliothek wegen baustatischer Probleme geschlossen. Anschließend gab es Überlegungen, den Lesesaal wieder dem Zustand von 1911 anzunähern und als Seminar- und Konferenzraum zu nutzen.

Link: Biblioteca Universitaria di Pisa